Beitrag: Mehr Strom oder mehr Fische oder … ?

Die 7.600 deutschen Wasserkraftanlagen tragen rund 4 % zum Stromaufkommen bei. Für die Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern und umweltpolitisches Urgestein Hans-Josef Fell Grund genug, eine Reform der Vergütung sowie des Fördermodus anzumahnen. Tatsächlich wollte die Vorgängerregierung auf die aktuell 3 Ct/kWh etwas aufsatteln, doch überlebte der Plan die Beihilfeprüfung der EU-Kommission nicht.

Woran man, so Fell, auch sehen könne, „wie falsch die Steuerfinanzierung der EEG-Umlage“ sei. Neben verbesserter Abnahmebedingungen solle die Ampelkoalition auch die „De-minimis-Regel“ der EU implementieren, was Wasserkraftanlagen bis 6 MW von der Ausschreibungspflicht befreien würde. Weitere Argumente für eine Besserstellung auch kleiner Wasserkraftwerke seien ihr Beitrag zum Hochwasserschutz – Stauwehre bremsen den Ablauf bei Extremregen, die im Grunde gelösten Artenschutzfragen – ökologisch optimierte Wasserkraftschnecken erhöhen den Stromertrag, während sie die Fischmortalität auf nahe 0 % senken – sowie letztlich ihre positive Gesamtwirkung auf Land- und Gesellschaft. Für letztere führen die Interessenpartner die Alz an, in deren Staubereich „sich wunderbare Auwälder und Feuchtgebiete gebildet“ hätten. Kraftwerke als prägende Elemente der Kulturlandschaft wie Wacholderheide und Streuobstwiese? Ganz anders sieht das der Deutsche Angelfischerverband und stützt sich dabei auf eine Veröffentlichung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Dieses hat sich das Schicksal von 275.000 Fischen aus 75 Fischarten angesehen und errechnet, dass 22,3 % der Individuen an der Passage einer Wasserkraftturbine verenden. Mit solchen Größenordnungen müsse man die Wasserkraft als eine „maßgebliche Ursache für den Rückgang von Wanderfischarten“ einordnen – und ihren Staus „regenerativ“ bezweifeln.

Die 436 Anlagen mit einer Leistung von 1 MW oder mehr liefern 86 % des Wasserstroms, alle kleinen fallen lediglich durch die gleiche durchschnittliche Fischsterblichkeit auf. Im Sinn von Wasserrahmenrichtlinie und Biodiversitätsstrategie sei somit ein Rückbau angezeigt, nicht erleichterte Genehmigungsverfahren. Klar scheint: Beide Parteien wollen etwas aus den Gewässern ziehen – Strom oder Fische. Natur um ihrer selbst willen zu erhalten, bleibt ein Wunsch hoffnungsloser Romantiker.