Wer bremst hier wen?

Mitte Dezember hatten Bundestag und Bundesrat noch die Gas- und Strompreisbremsen gebilligt, die dann ab März 2023 – rückwirkend auch für Januar und Februar – greifen und zunächst bis Ende April 2024 gelten. Bundeswirtschaftsminister Habecks Versprechen war dabei, die Nöte der Stadtwerke im Blick zu behalten und „dass wir gesetzlich nichts reinschreiben, was sie nicht erreichen können bzw. das auch so schreiben, dass es umsetzbar ist“. Gleichwohl ist der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) nicht völlig zufrieden, wie dessen Chef Ingbert Liebing äußert. Da sei die Streichung der vermiedenen Netzentgelte, mit denen gerade kommunale KWK-Anlagen kalkuliert worden waren und die für den Zubau von H2-ready-Strukturen benötigt würden. Zudem erlitten auch EE-Anlagen und Stromspeicher Kollateralschäden. Dies allerdings sieht die Bundesnetzagentur mit Blick auf die ursprüngliche Zielsetzung des Instruments ganz anders: „Eine Einsparung von Netzinfrastrukturkosten aufgrund von dezentralen Kraftwerken […] lässt sich nach 10 Jahren Netzentwicklungsplanung nicht feststellen“, und findet „die vermiedenen Netzentgelte seien vollständig abzuschaffen“, „erforderliche Förderungen technologiespezifisch gezielt vorzunehmen“.

Auch die Abschöpfung krisenbedingter Zufallserlöse – besser bekannt als Übergewinne – zur Finanzierung der Preisbremsen hält der VKU für „einen Irrweg“ und forderte, KWK, Biomasse, Abfall, Klär- und Grubengas sowie veredelte Braunkohleprodukte von der Erlösabschöpfung auszunehmen. Die Regierung entgegnet, diese sei europäisches Recht und folge der Verordnung über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf hohe Energiepreise. Immerhin seien doch Anlagen bis zu 1 MW ausgenommen.

Klar ist: Es geht ums Geld. Da hilft dann auch der Vorschlag wenig, Haushaltskunden den Mehrwertsteuersatz für Strom und Wärme auf 7 oder gar 5 % zu senken und die Stromsteuer von 20,50 Euro/MWh auf bis zu 50 Ct/MWh zu reduzieren. Doch nicht nur im Bundessäckel tut sich da das Loch auf. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft legt den Finger in eine viel tiefere Wunde, vornehmlich der Stadtwerke: Gehen die Einnahmen aus dem Erdgasgeschäft mit dem Ausstieg bis spätestens 2045 gegen Null, gefährdet dies nach dem gegenwärtigen Modell die kommunale Daseinsvorsorge. In einer Fallstudienanalyse untersucht das Forum, wie stark Stadtwerke noch auf diese Einnahmen angewiesen sind und ermittelt, dass die Erlöse der Erdgassparte etwa 25 % der Gesamtgewinne ausmachen. Und das reicht ja bekanntlich noch nicht einmal, die Verluste aus anderen Bereichen wie dem ÖPNV auszugleichen. Daraus folgt freilich der gute Rat, sich schnell aus der finanziellen Abhängigkeit vom Erdgasgeschäft zu befreien. Sonst könnten Interessenskonflikte in der kommunalen Wärmeplanung den notwendigen Ausstieg aus der Nutzung von Erdgas nur weiter hinauszögern.

Die Analyse finden Sie unter: https://foes.de/publikationen/2022/2022-11_FOES_Stadtwerke_Analyse.pdf