Deutschland importiert 75.000 Tonnen Erdbeeren aus der Provinz Huelva
In Huelva steht gerade ein ganzer Schwung von Unternehmen wegen Wasserdiebstahls vor Gericht. Was der Prozess im Südwesten Spaniens mit unseren einstudierten Frühjahrsfreuden zu tun hat, erklärte uns kürzlich der WDR. Die Angeklagten betreiben Erdbeerplantagen, diese Erdbeeren haben Durst – rund 300 Liter braucht man für 1 Kilo – und wir haben Lust … auf diese Erdbeeren. Mit gut 75.000 Tonnen geht ein knappes Drittel der Ernte nach Deutschland. Oftmals vollgepumpt mit gestohlenem Wasser. Die Provinz ist nämlich – wie sinnig für Obst- und Gemüseanbau in großem Stil – eine der trockensten Regionen Spaniens und weil das Wasser nicht von oben kommt, holt man es eben von unten, aus den Zuflüssen des Nationalparks Coto de Doñana. Er ist eines der wichtigsten Feuchtgebiete Europas, überlebenswichtiger Rastplatz für Zugvögel auf ihrem Weg zwischen Nordeuropa und Afrika, Heimat bedrohter Tierarten und daher auch ins UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen. Hier Brunnen zu graben und Wasser abzuzapfen, ist grundsätzlich erst einmal illegal.
Der WWF schätzt, dass für die Plantagen der Provinz Huelva 1.000 illegale Brunnen angelegt wurden, das spanische Umweltministerium rechnet im ganzen Land mit rund 500.000. Die eigentlich unhaltbaren Zustände haben sogar die EU-Kommission tätig werden lassen, die 2017 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien anstrengte. Doch auch die lokalen Behörden wurden aktiv. Illegale Brunnen – das geht nicht, einen Umsatz von fast einer halben Milliarde zu gefährden … das geht auch nicht. Elegante Lösung: Die Brunnen im Nachhinein genehmigen. Da wundert es kaum noch, dass zu den Angeklagten auch zwei Bürgermeister zählen. Für deutsche Importeure nicht wirklich ein Problem. Stichproben des WDR wiesen Erdbeeren der inkriminierten Lieferanten in den Regalen der gängigen Handelsketten nach, auch bei einem bekannten Bio-Markt.
In den letzten 30 Jahren ist in dem bizarren Anbaugebiet am Atlantik, vor allem für die Kulturen unter Folie, 50 Prozent des Wassers verschwunden. Nicht genug damit, gehören zur verheerenden Ökobilanz der spanischen Früherdbeeren noch 400 Gramm CO2 je Kilogramm, davon 140 Gramm für den Transport zu uns. Schaffen wir es dieses Jahr, die illegalen Naturkiller einfach sechs Wochen liegenzulassen, bis die heimischen Bio-Erdbeeren reif sind? Ihre Zeit ist von Ende Mai bis in den Juli. Übrigens: Die Huelva der 5.300 Hektar Erdbeerplantagen war nicht immer ein ausgedörrter Landstrich, früher standen hier ausgedehnte Pinienwälder. Die sind heute weg.