Beitrag: 10H-Regel verfassungswidrig?
Ein Rechtsgutachten, beauftragt von der bayerischen SPD-Landtagsfraktion und erstellt am Institut für Öffentliches, Umwelt- und Planungsrecht der Universität Leipzig, legt nahe, dass die 10H-Abstandsregel für Windkraftanlagen verfassungswidrig ist.
Die verfassungsrechtlichen Neubewertung folgt direkt aus dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März und der zentralen Bedeutung der Windenergie für den Klimaschutz. Denn die Abstandsregel reduziert, so Ergebnisse des UBA, das Flächenpotential für Windkraft im Freistaat um bis zu 97 % und das Repoweringpotential um bis zu 99 %. Und anders als vom Bayerischen Verfassungsgerichtshofs im Mai 2016 behauptet hat die Regelung die Akzeptanz der Windkraft nicht gesteigert, die Energiewende aber deutlich beschädigt. Einen weiteren, gegebenenfalls noch tiefer reichenden Grund gegen die Regelung liefert deren Eingriff „in das grundrechtlich geschützte Recht der betroffenen Eigentümer, ihr Grundstück im Rahmen der Gesetze baulich zu nutzen“ und in die „Berufsfreiheit der Anlagenbetreiber“, so das Rechtsgutachten. Gleichzeitig nimmt „das relative Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel“ stetig zu und so hat das Verfassungsgericht mit gutem Grund „dem Gesetzgeber durch Art. 20a GG eine permanente Pflicht aufgegeben“ hier gegenzusteuern. In Summe ist damit die 10H-Regel nicht verhältnismäßig, „weil ihre erheblichen Nachteile für die Grundrechtsbetroffenen und für den Klimaschutz gegenüber den – ohnehin fragwürdigen – Vorteilen deutlich überwiegen“.
Die SPD-Fraktion hat die Regierung in einem eigenen Antrag auffordert, „die Menschen in Bayern durch intelligente Modelle an der Windkraft zu beteiligen“, etwa indem Anlagebetreiber verpflichtet würden, Bürger/innen an den Einnahmen zu beteiligen. Die SPD schlägt hierfür Ausgleichszahlungen oder günstigere Stromtarife vor.